Der History Slam online ist zurück und Shafia Khawaja hat diesmal einen Text über die Teilung Britischindiens und des Unabhängigkeitskrieges in Bangladesch für uns!
Faktencheck-Hintergrund-Video
Zur Hintergrundinformation habe ich euch ein kleines Video aufgenommen, wo nochmal kurz die Fakten zusammengefasst werden.
Shafias Text und Interview
Und hier ist Shafias Text. Dazu ist sie von Wittrich auch interviewt worden, um ihre persönlichen Gedanken und Erfahrungen erzählen zu können.
Und das war es für dieses Jahr auch schon wieder! Wenn ihr nächstes Jahr mitmachen wollt, schickt mir oder Christine Teichmann eine Nachricht! Danke für euer Interesse!
Der History Slam online ist zurück und Wittrich macht den Anfang mit seinem Text „Libertate!“ Es geht um Rumänien, Ende der Diktatur und die Umstellung von Planwirtschaft auf Marktwirtschaft.
Faktencheck-Hintergrund-Video
Damit die Wirtschaftsthemen niemanden abschrecken, gibt es hier eine kurze Zusammenfassung, was passiert ist:
Wittrichs Text und Interview
Und hier ist Wittrichs Text. Dazu ist er von Christine Teichmann auch noch interviewt worden, um seine persönlichen Gedanken und Erfahrungen erzählen zu können.
Meine Kämpfe mit der Sprache
Damit ihr seht, wie leicht ich mir vor der Kamera tue, hier ein paar Minuten, in denen ich verzweifelt gegen meine Zunge und meine Hirnaussetzer ankämpfe.
In diesem letzten Beitrag vom History Slam beschäftigt sich der Wiener Slam Poet Osama mit den Dingen, die sein Urgroßvater so gemacht hat. Dieser ist nämlich als Geschichtsbuchschreiber und Archivar in die Geschichte von Königsberg eingegangen.
Historiker*innen sind immer Beobachtende, Kommentierende. Man bringt uns an der Uni bei möglichst objektiv zu kommentieren, aber immerhin wissen alle, dass es unmöglich ist, zu irgendetwas keine Meinung zu haben. Ich kann nur keine Meinung haben, wenn ich keine Ahnung habe. Wenn ich eine Sache ignorieren will, wenn sie mir nicht bewusst ist, dann ist es gut, wenn man keine Meinung dazu äußert. Aber wenn man über bestimmte Aspekte in der Politik schreiben will, beschäftigt man sich eben damit. Und dann kann man seinen Quellen (seien es Literatur oder Zeitzeugen) vertrauen oder eben nicht. Man kann nicht alles unkommentiert übernehmen, dazu gibt es zu viele Perspektiven. Das heißt, man hangelt sich an einigen Perspektiven, die man selbst für wahrscheinlich hält, entlang. Vielleicht erwähnt man auch noch einige Extreme, die das Gegenteil empfinden, was man selbst gerade darstellte. Einfach um einen Überblick zu erschaffen. Um Leuten die Chance zum Wählen und Entscheiden zu geben. Viele Menschen brauchen das Gefühl, dass sie selbst auswählen, was sie glauben.
Jetzt ist es zu jeder Zeit und in jedem Land natürlich unterschiedlich gefährlich zu sagen, was man denkt. Ich hoffe aber, dass es immer wieder Leute geben wird, die ihre Versionen der Geschichte darstellen, damit keine Gleichförmigkeit entsteht. Man kann nicht alle Stimmen hören. Aber man kann zumindest alle reden lassen, die tatsächlich etwas zu sagen haben. Dann sind ihre Geschichten irgendwo da draußen. Und werden vielleicht hunderte Jahre später gelesen und gehört, und tragen dann dazu bei, dass man ein bisschen mehr versteht als zuvor.
Der vorletzte Beitrag zum History Slam ist online! Die Künstlerin LiLa Herderberg verknüpft den lieben Augustin, die Wiener Pestepidemie von 1679 und die Coronapandemie von jetzt. Der Text wurde nach dem Aufruf der Kleinen Zeitung geschrieben, es wurde um positive vibes gebeten. Und Augustin behielt seinen Optimismus. Trotz Sperren zog er also von Lokal zu Lokal bis er in einem Massengrab landete – aber lebend.
Für manche war er eine Mahnung, für andere ein Held.
Laut Studien ist Coronavirus dreimal tödlicher als die Grippe. Natürlich muss man immer positiv bleiben, bei jeder Krankheit. Und natürlich ist es eine Frechheit, dass Politiker:innen machen können, was sie wollen.
Aber ich will auf keinen Fall Krankheiten, an denen tausende Menschen sterben, verharmlosen. Ich glaube, dass der erste Lockdown gescheit war. Aber die Belastung für Ärztinnen und anderes Gesundheitspersonal ist furchtbar und wäre zu vermeiden oder zumindest zu verbessern, wenn Menschen rücksichtsvoll wären. Diese Ignoranz und Respektlosigkeit ist nicht zu überbieten.
Auch dass Krebsoperationen und -nachsorgeuntersuchungen verschoben wurden, ist einfach nicht verantwortbar.
Ich kenne übrigens zwei Menschen, die gestorben sind. Und ihr?
Die ursprüngliche Idee des History Slam war es, eigene Familiengeschichten aufzuarbeiten. Je jünger man ist, desto lächerlicher erscheint einem das. Wie spannend ist es bitte, das ich zuerst einen Walkman hatte und dann einen Discman? Oder wie interessant ist es, zu wissen, dass ich stundenlang auf Busse gewartet habe, weil ich kein verdammtes Handy zur Verfügung hatte? Was hab ich denn schon erlebt?
Geschichte besteht aus so vielen kleinen Geschichten. Aus jedem Thema kann man etwas machen, wenn man weiß, wie.
Und dann gibt es natürlich die Familiengeschichten. Die Dinge, über die Großeltern und Urgroßeltern immer wieder geredet haben. Zuerst heimlich, dann immer öfter, denn die Zeit beginnt zu verschwimmen, immer stärker, je älter man wird.
Manche Geschichten waren nur damals schlimm und sind heute gut. Manchmal versteht man als Zuhörerin gar nicht, wieso das nicht einfach weiter erzählt wurde. Denn manchmal verstecken sich hinter verschwiegenen Leben Heldinnen.
Diese Woche liefert die Grazer Slampoetin Chiara den Beitrag zum History Slam. In ihrem Beitrag geht es um Rassismus, Kolonialismus, White Privilege und die Black Lives Matter- Bewegung. Ich habe dem Video englische und österreichische Untertitel verpasst, damit ihr es möglichst barrierefrei genießen könnt.
Chiara hat, glaube ich, ähnliche Gefühle wie ich (aber ich spreche natürlich nicht für sie in diesem Artikel). Ich weiß oft nicht – soll ich was sagen, soll ich nichts sagen? Und dann warte ich eher mal ab, schau mir Dokumentationen und Interviews an, mit Leuten, die wirklich wissen wovon sie reden. Und das ist glaube ich auch das wichtigste: Dass man sich selbst weiterbildet.
Apropos: Das Factsheet zu Chiaras Text findet ihr hier.
Ich habe Gespräche mit Leuten im engen Familienkreis führen müssen – über Migration, über Ausdrücke, die man heutzutage einfach nicht mehr sagt, über Lebenswelten. Über Vorurteile und Erfahrungen. Ich habe mich verteidigen müssen, für Wahrnehmungen, die eigentlich normal sein müssten. Und ich bin keine Betroffene, ebensowenig weiß ich schon alles.
Ich ertappe mich selbst sehr oft bei Sachen, die ich noch nicht bedacht hatte. Zum Beispiel bei den Storys von @tanaka_graz, wo mir immer wieder Dinge bewusst werden, die ich mir noch nie überlegt hatte. Nicht, weil ich nicht daran glaube, sondern weil ich einfach bis dahin noch nie daran gedacht hatte. Meine eigene Unwissenheit und Ignoranz wird mir immer wieder vor die Nase gehalten und ich glaub, dass ist ganz wichtig für gegenseitiges Verständnis. Dass man sich eingesteht: Wow, das wusste ich noch gar nicht!
Vielen Leuten ist noch immer nicht bewusst, dass sie ganz viele Probleme nicht kennen, einfach weil sie keine Freunde haben, die von diesen Problemen betroffen sind. Das gilt natürlich nicht nur für People of color, das gilt für ganz viele Sachen. Es ist wichtig, euren Freunden Dinge ins Gesicht zu sagen, damit sie auch diesen Lerneffekt haben. Ganz oft habe ich gehört: „In Österreich gibt es zwar Rassismus, aber er ist ja kein großes Problem- er ist vielleicht lästig, aber nicht lebensbedrohlich.“ Und das ist eine echt arge Aussage.
Am meisten hasse ich den Satz „Von dem Problem hab ich noch nie was gehört!“ – Mit dem meist nicht lautgesagten Nebensatz: Also kann es das Problem nicht geben!
Nur weil du ein Problem an deinem eigenen Körper noch nicht erlebt hast, heißt das nicht, dass es nicht hunderte Leute gibt, die sehr wohl davon betroffen sind!
Mein Problem? Dein Problem?
Für den Anfang fragt euch doch einfach mal:
Wie viele Leute in eurem Freundeskreis …
haben die gleiche Hautfarbe wie ihr
sprechen die gleiche Sprache wie ihr
haben das gleiche Geburtsland wie ihr
haben die gleiche Ausbildung wie ihr
haben das gleiche Geschlecht wie ihr
Wenn die Antwort „alle“ oder „die meisten“ lautet, dann kennt ihr viele tiefgreifende, ur-österreichische Probleme nicht. Weil ihr und eure Freund:innen einfach nicht davon betroffen seid. Das ist nicht schlimm. Das freut mich für euch. Aber:
Wenn die Antwort „alle“ oder „die meisten“ lautet, dann solltet ihr euch dringend weiterbilden. Ich habe jedenfalls genug von Aussagen wie „In Österreich gibts keinen Rassismus“ oder „In Österreich ist ja schon Gleichberechtigung“ oder „in Österreich haben alle die gleichen Chancen“. Nein. Ist nicht so. Es betrifft eure Lebenswelt vielleicht nicht. Deshalb: Bildet euch weiter!
Ein paar Tipps „WIE???“ habe ich im Video versteckt.
Sich weiterzubilden ist keine Strafe, es ist wichtig und wir sollten es alle andauernd tun. Brecht mal aus eurer Bubble aus und schaut, was die „anderen“ so beschäftigt. Nur weil euch bestimmte Probleme und Möglichkeiten noch nie über den Weg gelaufen sind, heißt das nicht, dass es sie in Österreich nicht gibt. Es heißt nur, dass ihr bisher davon nicht betroffen wart und vielleicht – nur bis ihr eure Wissenslücke aufgefüllt habt – vielleicht besser den Mund dazu halten solltet. Das ist auch wichtig. Dann hört ihr mal, was andere Menschen zu sagen haben.
Beim History Slam gehts weiter mit einem Beitrag von Ann Air aka Natalie Rouanet. Die Slam Poetin, Autorin, Übersetzerin widmet sich der Geschichte der Adele Kurzweil.
Der Text ist auf Deutsch und Französisch, das Video wurde von Ann Air wunderschön selbst gestaltet, das Interview führte Florian Supé.