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History Slam: Ulli Toth „St. Nikola, 1946“

Die ursprüngliche Idee des History Slam war es, eigene Familiengeschichten aufzuarbeiten. Je jünger man ist, desto lächerlicher erscheint einem das. Wie spannend ist es bitte, das ich zuerst einen Walkman hatte und dann einen Discman? Oder wie interessant ist es, zu wissen, dass ich stundenlang auf Busse gewartet habe, weil ich kein verdammtes Handy zur Verfügung hatte? Was hab ich denn schon erlebt?

Geschichte besteht aus so vielen kleinen Geschichten. Aus jedem Thema kann man etwas machen, wenn man weiß, wie.

Und dann gibt es natürlich die Familiengeschichten. Die Dinge, über die Großeltern und Urgroßeltern immer wieder geredet haben. Zuerst heimlich, dann immer öfter, denn die Zeit beginnt zu verschwimmen, immer stärker, je älter man wird.

Manche Geschichten waren nur damals schlimm und sind heute gut. Manchmal versteht man als Zuhörerin gar nicht, wieso das nicht einfach weiter erzählt wurde. Denn manchmal verstecken sich hinter verschwiegenen Leben Heldinnen.

Mehr Infos zu den Hintergründen findet ihr hier.

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History Slam- Chiara „They didn’t mean it bad“

Diese Woche liefert die Grazer Slampoetin Chiara den Beitrag zum History Slam. In ihrem Beitrag geht es um Rassismus, Kolonialismus, White Privilege und die Black Lives Matter- Bewegung. Ich habe dem Video englische und österreichische Untertitel verpasst, damit ihr es möglichst barrierefrei genießen könnt.

Chiara hat, glaube ich, ähnliche Gefühle wie ich (aber ich spreche natürlich nicht für sie in diesem Artikel). Ich weiß oft nicht – soll ich was sagen, soll ich nichts sagen? Und dann warte ich eher mal ab, schau mir Dokumentationen und Interviews an, mit Leuten, die wirklich wissen wovon sie reden. Und das ist glaube ich auch das wichtigste: Dass man sich selbst weiterbildet.

Apropos: Das Factsheet zu Chiaras Text findet ihr hier.


Ich habe Gespräche mit Leuten im engen Familienkreis führen müssen – über Migration, über Ausdrücke, die man heutzutage einfach nicht mehr sagt, über Lebenswelten. Über Vorurteile und Erfahrungen. Ich habe mich verteidigen müssen, für Wahrnehmungen, die eigentlich normal sein müssten. Und ich bin keine Betroffene, ebensowenig weiß ich schon alles.

Ich ertappe mich selbst sehr oft bei Sachen, die ich noch nicht bedacht hatte. Zum Beispiel bei den Storys von @tanaka_graz, wo mir immer wieder Dinge bewusst werden, die ich mir noch nie überlegt hatte. Nicht, weil ich nicht daran glaube, sondern weil ich einfach bis dahin noch nie daran gedacht hatte. Meine eigene Unwissenheit und Ignoranz wird mir immer wieder vor die Nase gehalten und ich glaub, dass ist ganz wichtig für gegenseitiges Verständnis. Dass man sich eingesteht: Wow, das wusste ich noch gar nicht!

Vielen Leuten ist noch immer nicht bewusst, dass sie ganz viele Probleme nicht kennen, einfach weil sie keine Freunde haben, die von diesen Problemen betroffen sind. Das gilt natürlich nicht nur für People of color, das gilt für ganz viele Sachen. Es ist wichtig, euren Freunden Dinge ins Gesicht zu sagen, damit sie auch diesen Lerneffekt haben. Ganz oft habe ich gehört: „In Österreich gibt es zwar Rassismus, aber er ist ja kein großes Problem- er ist vielleicht lästig, aber nicht lebensbedrohlich.“ Und das ist eine echt arge Aussage.

Am meisten hasse ich den Satz „Von dem Problem hab ich noch nie was gehört!“ – Mit dem meist nicht lautgesagten Nebensatz: Also kann es das Problem nicht geben!

Nur weil du ein Problem an deinem eigenen Körper noch nicht erlebt hast, heißt das nicht, dass es nicht hunderte Leute gibt, die sehr wohl davon betroffen sind!

Mein Problem? Dein Problem?

Für den Anfang fragt euch doch einfach mal:

Wie viele Leute in eurem Freundeskreis …

  • haben die gleiche Hautfarbe wie ihr
  • sprechen die gleiche Sprache wie ihr
  • haben das gleiche Geburtsland wie ihr
  • haben die gleiche Ausbildung wie ihr
  • haben das gleiche Geschlecht wie ihr

Wenn die Antwort „alle“ oder „die meisten“ lautet, dann kennt ihr viele tiefgreifende, ur-österreichische Probleme nicht. Weil ihr und eure Freund:innen einfach nicht davon betroffen seid. Das ist nicht schlimm. Das freut mich für euch. Aber:

Wenn die Antwort „alle“ oder „die meisten“ lautet, dann solltet ihr euch dringend weiterbilden. Ich habe jedenfalls genug von Aussagen wie „In Österreich gibts keinen Rassismus“ oder „In Österreich ist ja schon Gleichberechtigung“ oder „in Österreich haben alle die gleichen Chancen“. Nein. Ist nicht so. Es betrifft eure Lebenswelt vielleicht nicht. Deshalb: Bildet euch weiter!

Ein paar Tipps „WIE???“ habe ich im Video versteckt.

Sich weiterzubilden ist keine Strafe, es ist wichtig und wir sollten es alle andauernd tun. Brecht mal aus eurer Bubble aus und schaut, was die „anderen“ so beschäftigt. Nur weil euch bestimmte Probleme und Möglichkeiten noch nie über den Weg gelaufen sind, heißt das nicht, dass es sie in Österreich nicht gibt. Es heißt nur, dass ihr bisher davon nicht betroffen wart und vielleicht – nur bis ihr eure Wissenslücke aufgefüllt habt – vielleicht besser den Mund dazu halten solltet. Das ist auch wichtig. Dann hört ihr mal, was andere Menschen zu sagen haben.

History Slam: „Grab in den Lüften“ von Ann Air

Beim History Slam gehts weiter mit einem Beitrag von Ann Air aka Natalie Rouanet. Die Slam Poetin, Autorin, Übersetzerin widmet sich der Geschichte der Adele Kurzweil.

Der Text ist auf Deutsch und Französisch, das Video wurde von Ann Air wunderschön selbst gestaltet, das Interview führte Florian Supé.

Hier habt ihr noch ein paar Links:

Ann Airs Homepage

Stolpersteine

Hier gibts das Factsheet

„529“ von Christine Teichmann – History Slam Online

Es ist immer schade, wenn eine Veranstaltung, in die man schon viel Zeit und Organisation investiert hat, nicht stattfinden kann. Das ist jetzt schon der zweite Grazer History Slam, den wir ca zwei Wochen vorher absagen müssen.

Ich bin froh, dass, wie auch letztes Mal, der dazugehörige Workshop noch abgehalten werden konnte.

Diesmal haben wir die Veranstaltung ins Internet verlegt und nicht komplett absagen müssen. Die Interviews und die Performances werden von Florian Supé und Christine Teichmann aufgenommen und von mir zusammengeschnitten, zu einem lieben, kleinen Video, das ihr euch bequem von zu Hause aus anschauen könnt.

Überall sagen die Leute, Kunst und Theater triffts am härtesten, und alles wird verboten, auch wenn es keine Cluster gibt, weil sich alle an die Hygienekonzepte halten. Aber ich verstehe auch, dass man eben lieben in Sicherheit bleibt, mit den Menschen, die man sowieso schon angesteckt hat, als rauszugehen und noch mehr Viren zu verbreiten. Das ist klar, dass Kunst und Kultur da als erstes wegfallen, weil man vieles eben auch von Zuhause aus genießen kann. Wenn man kann.

Mir fällt es immer schwerer, Inhalte zur Verfügung zu stellen, weil der kreative Input fehlt. Am meisten werde ich noch immer durch andere Texte und Menschen inspiriert. Und wenn ich zu Hause hocke und lese, dann werde ich eher an meinen großen Buchprojekten weiterschreiben, als kurze Minitexte zum sofort Veröffentlichen.

Dazu kommt, das die normalen Geldeinnahmequellen versiegen. Drei Workshops hätte ich im November gehabt, die wahrscheinlich eh nach irgendwann verschoben werden, aber man spürts. Ich hab während der letzten dreißig Jahre gelernt mit Geld zu jonglieren, ich bin es gewöhnt, aber irgendwie hab ich heute keine Lust auf „Kein Geld, kein Geld, kein Geld!“ Wenn ihr mir helfen wollt, klickt rechts oben: Ko-fi. Danke!