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[Text+Video] Jeder an seinen Platz I + II

Im Sommer 2011 habe ich mich oft tagelang in der Hauptbücherei Wien verkrochen und den ganzen Tag gelesen. Die gesamten Werke von Erich Kästner oder Gedichtbände von Federico García Lorca zum Beispiel. Sprachlich hat mich das sehr verwundert, und ich musste natürlich gleich ausprobieren, wie das klingt, wenn ich das versuche. Also hier kommen ganz alte Texte zum Anschauen für euch.

Den Text zu „Jeder an seinen Platz I“ findet ihr hier: Jeder an seinen Platz

Den Text zu „Jeder an seinen Platz II“ findet ihr hier: Jeder an seinen Platz II

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Die Hexenverbrennung

Mit der Hexenverbrennung habe ich mich natürlich zuerst in der Schule beschäftigt. Und ungefähr so alt sind auch diese beiden Gedichte, die ich noch gefunden habe. Früher gab es noch andere Perspektiven, zum Beispiel auch den Priester und die Tochter, aber diese Texte habe ich leider nicht mehr gefunden. Bei jedem Computerwechsel gehen einige Dateien verloren. Schade.

Die Texte „Hexe“ und „Tod“ habe ich euch hier aufgenommen:

Die Hexe

Lebensgeist, Wegbegleiter
Freund, Apokalypsenreiter
Gibst Wärme und Zärtlichkeit
Todesfreund, es ist so weit:

Hol mich, brenn mich nieder
Lass mich nicht los, greif immer wieder
mit deinen Fingern nur nach mir
lass mich bleiben stets bei dir.

Deine Flammen auf der Haut
höre ich alle Stimmen laut:
Entsetzen tropft wie Geifer
Leben wird immer reifer
ich geb es auf, nur für dich
du bist wie Leben ja für mich.

Geliebter seit Kinderschuhen
ja, ich will bei dir ruhen
Brenne, verbrenne mein Sein,
dann bin ich nur dein

Ohne Andere zu gestehen
will ich heute von euch gehen
All die Folter schmerzt mich nicht
sehe nur noch klares Licht

Gibt nichts mehr, was ich noch brauch
außer Feuer und den Rauch

Der Tod

Arme Tochter meiner Meister,
Komm nur her ins Reich der Geister!
Wollte dich noch gar nicht haben,
Sieh dich an, mit all den Narben.
Was haben sie nur getan
in ihrem hochheiligen Wahn?

Trägst eine Last, die zu nehmen dir
ich einfach nicht erlaube mir
Muss dich leiden lassen
Krieg dich gut zu fassen
Fällst direkt in meine Arme hinein:
und dann bist du für immer mein!

alte Gedichte, wieder gefunden. Frühere Beiträge findet ihr hier: Die Hexenverbrennung: Die Hexe, „Die Hexenverbrennung: Der Tod“ von Patricia Radda

Das Beitragsbild: Chirag Nayak on Unsplash

„Der Todesfall“ von Patricia Radda

Diesen Text habe ich vor zehn Jahren geschrieben. Es war mal Zeit, zurückzukehren. Nachdem jemand gestorben ist, fällt alles schwer. Atmen tut weh, das Herz verkrampft sich. Aber irgendwann wird es leichter. Das ist das Geschenk der Zeit. Irgendwann kann man wieder weitermachen ohne Schmerzen.

Denke ans Atmen
ein und aus
denke ans Aufstehen
aus dem Bett raus
Denke ans Essen
ans Schlucken und Kauen
Denke ans Lachen,
vergessen und Schauen

Denke an die Sorgen
sie bleiben hier kleben
Denke an Morgen
bis Träume sich weben
Denke an Menschen
an hassen und lieben
Denke an Gut und Böse
Partei ergreifen, heraussieben

Denke an Glück
muss auch mal wieder kommen
Denke an Sonne
denn sie ist jetzt nur verschwommen

Denke ans Atmen
ein und aus
Denke ans Leben
so kommst du wieder raus
Denke an irgendjemanden
wenn du dann vergisst
Denke an mich,
wenn du endlich wieder bist.

Originalbeitrag

12.05.2009

Remember Falco

Wir sitzen vor dem Fernseher. Wir blödeln herum. „Psssscht“ zischt Papa plötzlich. Wir schauen erstaunt auf. Wir alle wissen, wenn Papa fernschaut, schaut er Sport und dabei muss man nicht leise sein, da kommts aufs Zuschauen an. „Der Falco ist gestorben- ich will das hören!“, weist er uns mit einer Stimme an, der man sofort gehorcht. Meine kleinen Geschwister langweilen sich bald und verschwinden. Und ich sitze da und höre zu.

Falco wird bei uns oft gespielt. Mama und Papa können jedes Wort mitsingen und ich auch bald. Anscheinend war Falcos beste Zeit bereits vorbei, als er starb. Anscheinend war Falco kein netter Mensch, kein Vorbild, keiner dem man nachtrauern müsste, nicht mal als Österreicher(in).

Meine erste Erinnerung an Falco ist jetzt also zwanzig Jahre her. Denn obwohl ich seine Lieder ganz bestimmt vorher schon gehört habe, erinnere ich mich nur an Papas Besessenheit mit den Nachrichten aus dieser Zeit. Rückblickend ist es wohl die Zeit, in der ich mich zum ersten Mal mit den Spielereien der deutschen Sprache beschäftigt habe. Nach Falco kam die EAV, Die Fantastischen Vier, später Die Ärzte.

Diese Phase ist lang vorüber und mittlerweile beschäftige ich mich fast nur noch mit der englischen Sprache. Was Schade ist. Aber manchmal werde ich daran erinnert,  wie jetzt, wo alle Medien Falco feiern.

In diesen Wochen (1.- bis 11. Februar) trauere ich um drei Menschen, die in den letzten Jahren verstorben sind. Über Falco wird berichtet. An Falco denken viele. Erst, wenn wir Menschen vergessen, sterben sie tatsächlich. Ich will nicht, dass meine drei Menschen vergessen werden. Also denke ich ganz viel, an die Vergangenheit, was mir nicht gut tut. Aber ich habe immer wieder das Gefühl, wenn ich es nicht mache, gehen die Menschen verloren.

 

„Der Todesfall“ von Patricia Radda

Denke ans Atmen
ein und aus
denke ans Aufstehen
aus dem Bett raus
Denke ans Essen
ans Schlucken und Kauen
Denke ans Lachen,
vergessen und Schauen

Denke an die Sorgen
sie bleiben hier kleben
Denke an Morgen
bis Träume sich weben
Denke an Menschen
an hassen und lieben
Denke an Gut und Böse
Partei ergreifen, heraussieben

Denke an Glück
muss auch mal wieder kommen
Denke an Sonne
denn sie ist jetzt nur verschwommen

Denke ans Atmen
ein und aus
Denke ans Leben
so kommst du wieder raus
Denke an irgendjemanden
wenn du dann vergisst
Denke an mich,
wenn du endlich wieder bist.

12.05.2009

Jeder an seinen Platz II

Jeder an seinen Platz II

 

Der Tod friert.

Ihm ist ganz kalt.

Er zittert.

Er lehnt sich gegen die Schulter und weint.

Die Schulter wundert sich.

Sie hat den Tod noch nie weinen gesehen.

Die Schulter fragt den Tod was los ist.

Der Tod weint.

Die Schulter ist ganz nass und regt sich auf.

„Dafür bist du doch da“, sagt der Tod,

„Zum Ausweinen und zum Anlehnen bist du doch da.“

„Na gut“, sagt die Schulter

und das Herz unterhalb der Schulter fragt: „Was ist denn los?“

Und der Tod sagt: „Ich habe kein Herz.“

Und die Schulter zuckt und sagt: „Aber dafür bist du doch da!“

Ratlos.

Wäre ich dein Spiegelbild?

Oder wär ich noch allein?

Warst du ganz wild?

Oder eher still und klein?

Wer warst du? Wer bist du?

Was soll ich jetzt mit dir machen?

Woher komme ich? Wohin gehst du?

Wirst du über mich wachen?

Ich war immer ohne dich

Jetzt hast du einen Namen

Kanntest du mich

Als die Dämonen kamen?

Die Hexenverbrennung: Die Hexe

Lebensgeist, Wegbegleiter
Freund, Apokalypsenreiter
Gibst Wärme und Zärtlichkeit
Todesfreund, es ist so weit:

Hol mich, brenn mich nieder
Lass mich nicht los, greif immer wieder
mit deinen Fingern nur nach mir
lass mich bleiben stets bei dir.

Deine Flammen auf der Haut
höre ich alle Stimmen laut:
Entsetzen tropft wie Geifer
Leben wird immer reifer
ich geb es auf, nur für dich
du bist wie Leben ja für mich.

Geliebter seit Kinderschuhen
ja, ich will bei dir ruhen
Brenne, verbrenne mein Sein,
dann bin ich nur dein

Ohne Andere zu gestehen
will ich heute von euch gehen
All die Folter schmerzt mich nicht
sehe nur noch klares Licht

Gibt nichts mehr, was ich noch brauch
außer Feuer und den Rauch

altes Gedicht, wieder gefunden. weiter: siehe unter Die Hexenverbrennung: Der Tod

„Der Soldat“ von Patricia Radda

Sieh ihn dir an

Jetzt liegt er da

Hat die Augen fest geschlossen

Kannst du die Blumen riechen,

die sie gleich auf sein frisches Grab werfen werden?

 

Sieh sie dir an

Jetzt stehen sie da

Und weinen bittere Tränen

Kannst du den Stolz spüren,

mit dem sie ihn der Erde zurückgeben?

Sieh es dir an

Jetzt ist es aus

Sein einst so frohes Leben

Kannst du die Erinnerungen hören,

die durch die Gedanken ziehen?

Sieh ihn dir an

Jetzt macht er weiter

Der Mensch, der den Krieg begann

Kannst du wirklich schmecken,

was du zwischen den Leichen verzehrst?

Sieh sie dir an

Jetzt kämpfen sie für ihn

Und für seine falsche Sache

Kannst du die Lügen glauben,

die er seinen Leuten erzählt?

Sieh ihn dir an

Jetzt ist er aus

Der letzte Krieg der Menschheit

Kannst du verstehen,

das es nie der Letzte sein wird?

Copyright 2009 Patricia Radda