Equal Pay Day

Das ist mein Leben. Das ist mein Körper. Das ist mein Gesicht. Das ist mein Wille. Das ist meine Stärke. Das ist mein Wissen. Aber das siehst du nicht.

Das ist mein Weg. Ich gehe, wohin ich will.
Ich suche. Ich verirre mich. Ich fall hin.
Und ich stehe wieder auf.
Und ich gehe weiter und ich lege mir eine Rüstung an.

Eine Rüstung gegen alle, die nur meinen Körper kennen wollen.
Eine Rüstung gegen alle, die mich zu Boden werfen wollen.
Eine Rüstung gegen alle, die mich kleiner machen wollen, um selbst größer zu erscheinen.
Eine Rüstung gegen alle, die Dinge sagen, die ich nicht hören will.
Eine Rüstung gegen alle, die Dinge tun, die ich nicht spüren will.
Und mit dieser Rüstung gehe ich weiter. Jeden Tag.

Und mit jedem Experience Point kommt ein neues Item dazu, mit jedem Aufstieg in ein neues Level wird meine Welt weiter und größer und manchmal stockts und dann spinnt die Graphik ein bissl und das lenkt mich ab. Und dann kommen einzelne Pfeile durch meine Rüstung und klauen mir Leben. Mein Leben, das ich mir so sorgsam aufgebaut hab. Dann hör ich Dinge, die niemand sagen sollte. Niemand hätte sie jemals denken sollen. Das war in meiner Welt nicht vorgesehen und ich höre Dinge, die ich niemals hören wollte. Wie zum Beispiel:

„Ja, aber du bist Künstlerin, du kannst ja machen, was du willst! Du entscheidest dich ja gegen das Geld!“ oder

„Ja, aber Kinderbetreuerinnen sind schon immer unterbezahlt! Ihr regts euch aber auch nie auf!“

oder: „Dei Stimme mog i ned, aba die Gfriss gfallt ma!“

oder: „Aber du als Feministin kannst ja wohl nicht bei deinen Kindern Zuhause bleiben wollen!“

Dann erklär mir mal, Arschloch, was so schlimm daran wär, wenn Kinderbetreuung fair bezahlt werden würde? Fehlt dann das Geld für die Autobahnen? Oder die Ganztagsschulen? Oder für deine sechste Limosine? Und wenn wir schon mal bei deinem Lifestyle sind, hab ich eine Frage für dich: Darf man Menschen, die weniger als zwei Stunden pro Tag mit ihren Kindern verbringen, überhaupt noch Eltern nennen? Und hast du „Elternteil“ daran gedacht, dass bei all deinen Terminen und Hetzen und Ignorieren und Weglaufen vor deinen eigenen Kindern du aus deinen Kindern auch Arschlochmenschen machst? Aber keine Angst!

Denn dann greifen wir ja ein. Die Legionen von Gutmenschen, die sich scheren, um die Dinge, die du verbockst. Wir sind ja da. Wir fangen auf, wir bessern aus, wir trösten, wir erlösen, wir trocknen Tränen, wir stillen Sehnsüchte. Wir lieben die, die ihr vergessen habt zu lieben. Auch wenns manchmal schwerfällt, denn – deine vernachlässigten Fratzen sind echt nicht liebenswert. Die brauchen extra viele Kuscheleinheiten zum Ausgleich. Sie gieren nach Aufmerksamkeit und du ignorierst, dass es sie überhaupt gibt.

Und jetzt findest du als Experte also, dass Mütter nicht zuhause bleiben sollen, wegen der Statistik. Du findest im Ernst, dass ich als Feministin meine Kinder weggeben soll zu unterbezahlten, unterqualifizierten Menschen, die ihrerseits wieder ihre Kinder weggeben mussten zu unterbezahlten, unterqualifizierten Menschen, damit sie Zeit genug für meine Kinder haben. Das ist deine Logik. Das ist dein toller Wirtschaftsplan?

Es geht nicht darum, dass Frauen schneller wieder in ihren Job einsteigen. Es geht darum, dass sich 2 Erwachsene mit 3 Kindern das Leben nur mit 4 Jobs leisten können. Das ist dein Denkfehler.

Ja, ich will fair dafür bezahlt werden, dass ich mich um Kinder kümmere. Sogar, wenn es nicht meine eigenen sind. Selber machst du das ja nicht.

Aber es muss meine Entscheidung sein. Denn das ist mein Leben. Das ist mein Körper. Das ist mein Gesicht. Das ist mein Wille. Das ist meine Stärke. Das ist mein Wissen. Aber das siehst du nicht.

Und da gibt’s besondere Menschen. Die dürfen mich kleiner machen als ich bin. Die dürfen mich so klein machen, dass sie sich auf mich stützen können. Und die unterstütz ich gern. Dafür bin ich da. Da fühl ich mich nicht eingeschränkt, da fühl ich mich nicht ausgenutzt, da fühl ich mich dafür verwendet, wozu ich geboren wurde.

Denn das ist mein Weg. Ich gehe, wohin ich will. Ich suche. Ich verirre mich. Ich fall hin.

Und ich stehe wieder auf.

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