Je mehr Leute, desto einsamer

Published by

on


Täglicher Schreibanreiz
Erzähle uns von einer Zeit, in der du dich fehl am Platz gefühlt hast.

Fehl am Platz gefühlt habe ich mich ca. ab dem 7. Lebensjahr bis ich 23 war. Schätzungsweise. Es war meine komplette Schulzeit, mal mehr, mal weniger stark und natürlich kam es auch auf die Schule an, in der ich gerade war.

Aber ich habe es gehasst, in die Schule zu gehen. Leute, die dich vom Denken abhalten, wechseln sich ab mit Leuten, die dich fertig machen wollen. Je mehr Leute um mich herum waren, desto mehr wollte ich weglaufen.

Es ging nicht nur um die nervigen gleichaltrigen Menschen, sondern auch Lehrer:innen, die einfach überfordert waren und alle bestraft haben, ohne zu checken, was das mit uns anderen macht. Mit denen, die niemand geschlagen, getreten oder aus dem Fenster schubsten. Mit denen, die einfach nur in der Klasse saßen und sich die Ohren zuhielten. Mit denen, die sich stundenlang am Klo einsperrten, damit die anderen sie nicht schlagen konnten.

Wenn ich zurückgehen könnte in der Zeit, würde ich meine Mutter sofort überreden, mich nach der Volksschule zu Hause zu unterrichten. So viel verschwendete Zeit! So viele Verletzungen!

Alle sagen immer, die Arschlöcher hätten mich zu dem gemacht, was ich heute bin, aber ganz ehrlich: Wieso sollte ich ihnen soviel Credit geben? Ich bin die Frau, die ich heute bin, obwohl sie in meinem Leben existiert haben. Ich mache heute all die Dinge, die ich schon immer machen wollte, und von denen die Arschlöcher mich damals abgehalten haben. Jetzt kann ich sie machen. Jetzt kann ich anziehen, was ich will, ohne geschlagen zu werden. Jetzt kann ich sagen, was ich will.

Die Schule ist einfach nur ein Aufbewahrungsort für Leute, die noch nicht wissen, was sie machen wollen. Ich wusste es, seit ich zehn Jahre alt war. Alles danach war Zeitverschwendung. Die Ewigkeiten, die wir einfach nur herumsitzen und auf irgendwen, irgendwas warten mussten. Oh mein Gott, ich hätte so viel machen können, und werde noch immer sauer, wenn ich daran denke.

95% der Leute, die ich in der Schule kennengelernt habe, haben mein Leben schwerer gemacht. Und ja, natürlich, alle Begegnungen, die du jemals machst, können dich auf dein späteres Leben vorbereiten. Aber so war es nicht. Im Gegenteil: Die schwerste, anstrengendste und grausamste Zeit meines Lebens war von 8 bis 12 Jahren. Und das wünsche ich mir für niemanden, keinem einzigen Kind, nicht mal meinen schlimmsten Feinden von damals.

Viele Leute sagen, man muss vergeben können, es ist schon so lange her, warum kannst du nicht einfach akzeptieren, dass sie nur dumme Kinder waren, die versucht haben, zu überleben. Und das macht die Sache noch klarer: Ich vergebe den Lehrer:innen nicht und ich vergebe den Eltern nicht. Sie hätten sich kümmern können. Sie hätten ihre Kinder nicht wie Dreck behandeln müssen.

Ich möchte nur sagen: Es wird besser. Irgendwann triffst du die Entscheidungen. Irgendwann kannst du einfach weggehen, wenn die Leute dich zu sehr nerven. Irgendwann hat niemand mehr so viel Macht über dich. Es wird besser. Okay? Spring nicht. Es wird besser, versprochen.

Werbeanzeigen