[Film] Die sichere Geburt

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Seit ich schwanger bin, bekomme ich nur noch „schwangere-Frauen-Werbung“. Alles, was mir auf Instagram vorgeschlagen wird, hat irgendwas mit Babys und Wickeln und Stillen zu tun. Was ja eigentlich auch nicht schlimm ist. Ich bin viel anfälliger, neues Büromaterial zu kaufen, als Sachen für ein Baby, das ich noch gar nicht kennenlernen durfte. Also spare ich gerade sehr viel Geld. Außerdem haben meine Schwestern vor mir Kinder bekommen, das heißt, fast alles bekomme ich von ihnen vererbt oder ausgeliehen. Also eigentlich brauche ich nichts.

Was beide meine Schwestern aber anscheinend hatten, war ein Vertrauen oder eine Ignoranz was die Geburt betrifft, die ich einfach nicht habe. Sie waren völlig desinteressiert daran, wie man sich mental oder körperlich auf die größte Leistung des Körpers vorbereiten kann. Ich bewundere Frauen, die einfach sagen: Der Körper wird schon wissen, was er tut. Aber gleichzeitig halte ich das auch für …. dumm? Im Sinn von ignorant und sorglos und naiv? Ich bewundere es, aber ich kann es nicht so machen.

Ich will genau wissen, welche Knochen sich aus dem Weg schieben müssen und welche Muskeln arbeiten, damit der Muttermund sich schön öffnen kann. Ich will genau wissen, wie ich mich hinhockeln oder drehen muss, damit sich mein Körper leichter tut.

Das erste, was ich also gekauft habe, war ein Schwangerschafts-Yoga-Kurs. Das zweite war eine Dokumentation: Die sichere Geburt.

Die Dokumentation hat sehr gute Rezensionen, man kann sie sehr leicht kaufen und streamen. Mit über dreißig Euro ist sie superteuer, aber es ist viel Bonusmaterial dabei und wird eben nur von der Herstellerin vertrieben. Passt alles. Ist okay.

Womit ich ein Problem hatte, war die erste Stunde der Doku. Da wird genau erzählt, was im Normalfall im Krankenhaus mit Schwangeren gemacht wird und warum das absolut falsch für die werdende Mutter ist. Und das als werdende Mutter zu hören, ist schon sehr masochistisch. Besonders wenn du weißt, dass du im Krankenhaus gebären wirst, weil zu Hause oder Geburtshaus keine Optionen für dich sind.

Fast alle Expert:innen, die zu Wort kommen, sind sehr sympathisch, und ich liebe, dass es Leute aus verschiedenen Ländern sind. Und es geht um die Geburt in deutschen oder auch „westlichen“ Krankenhäusern, also passt das schon auf meine Situation.

Was meine Sorgen oder meine Angst vor der Geburt aber nicht verringert hat. Die Botschaft des Films ist auf jeden Fall: Vertraue auf deinen Körper! Vertraue auf deine Instinkte! Vertraue auf deine Hebamme! Du machst das! Dein Körper schafft das!

Zumindest, wenn du keinen Chefarzt dazwischen pfuschen lässt.

Selbstvertrauen als Erstgebärende?

Und das war auch irgendwie der springende Punkt. Ich kann noch so viel lesen und schöne Geburtsstories anhören, ich weiß nicht, was genau auf mich zukommt. Meine Schwestern sagen immer: Ich war jedes Mal überrascht wie viel mehr es wehtut, als ich dachte/mich erinnern konnte. Und das empfinde ich als nicht sehr hilfreich.

Ich muss mich also mit meinem Halbwissen, in Hände begeben, die ich nicht kenne. Da kommen wir wieder zu Vertrauen. Klar vertraue ich darauf, dass die Hebammen und Ärzte mehr über Geburt wissen als ich. Aber ich muss mich in einer extrem verletzlichen Situation fremden Menschen anvertrauen. Und das empfinde ich als furchtbar. Ich kann es nicht ändern und ich muss flexibel genug bleiben, das ich auf Vorschläge von außen eingehen kann. Und das in einer Stress- und Schmerzsituation. Darauf muss ich mich mental vorbereiten.

Während „Die sichere Geburt“ sehr gut die Vorgänge im Körper beschreibt und auch zeigt (mit Animation, Grafiken, direkt am Skelett-Becken), und ich vieles gelernt habe, was ich vorher noch nicht so ganz verstanden hatte, passiert vordergründig leider ein Arzt- und Krankenhaus-Bashing. Das kann ich leider sehr gut nachvollziehen. Und ich hatte in meiner Lebensgeschichte schon einige Scheißärzte. Gerade deshalb ist es überflüssig, mir das noch einmal in Erinnerung zu rufen. Alle Befragten sind sich einig: Schulmedizin hat bei einer Geburt erst was verloren, wenn etwas schief geht. Sonst soll sich bitte niemand einmischen. Und in einigen Krankenhäusern wird das auch so gehandhabt.

Das kommt im Film nicht so gut rüber, obwohl erwähnt wird, dass es auf die Chefärzte ankommt, wie viel eingegriffen wird. Wie überlastet die Hebammen und Co sind, usw. Manchmal hilft Schichtwechsel, manchmal stoppt er alles.

Ja, das wird erwähnt. Grundsätzlich sollte der Film angeschaut werden, wenn man sich noch nicht entschieden hat, wie man sein Kind zur Welt bringt. Ich wusste schon, dass ich ins Krankenhaus muss und deshalb war ich von der Dokumentation einfach nur enttäuscht.

Zwei Dinge, die der Film nicht ansprechen kann

Erstens: Dein:e Geburtspartner:in kann eine Person sein, der du absolut vertraust. Diese Person kann die ganze Zeit bei dir sein und dir alles abnehmen, was nicht Geburt ist. Auch Entscheidungen. Auch deine Wünsche mitteilen und durchsetzen, so sie im Rahmen der medizinischen Gegebenheiten sind.

Zweitens: Vieles variiert von Krankenhaus zu Krankenhaus. Die meisten Krankenhäuser kann man sich vorher anschauen. Es gibt Infoabende für Schwangere. Du kannst alle Fragen stellen, die du hast. Du kannst schon bei der Anmeldung auf alles hinweisen, was du willst oder nicht willst.

Hier kann man den Film kaufen:

femmal (elopage.com)

Und hier gibt es positive Geburtsgeschichten zum Anhören:

https://ichgebaere.com

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