Pala und die seltsame Verflüchtigung der Worte von Ralf Isau
Roman
445 Seiten
Bastei Lübbe
Gekauft bei/um: ausgeborgt
Inhalt:
Pala ist ein kleines Mädchen, das in der Stadt Silencia aufwächst. Dort sind Worte die Hauptattraktion (zB sind Gebrauchsdichter und Geschichtenerzähler gute Berufe) und jedes Kind bekommt ein Geburtsgedicht. Auf vielen Häusern sind Gedichte in die Wände eingraviert. Palas Geburtsgedicht ist etwas Besonderes, da nicht ihr Vater es geschrieben hat, sondern ein Unbekannter. Als Pala an diesem Tag zu Nonno Gaspare kommt, kann der alte Geschichtenerzähler nicht mehr reden. Noch schlimmer: er kann auch den Sinn der Worte nicht mehr verstehen. Pala muss, weil sie ihn angefasst hat, mit in die Quarantäne und wird Zeugin, wie immer mehr Leute die Sprache verlieren.
Spoiler:
Pala merkt, dass ein Wesen den Leuten die Sprache wegsaugt und als Nonno Gaspare immer wieder zu dem Schloss zeigt, das dem reichen Mann Zitto gehört, weiß Pala, dass sie sich in das Schloss schleichen muss. Doch jetzt kommt die Magie ins Spiel. Als Pala auf die Mauer klettert, kann sie nicht überwunden werden, sie scheint zu wachsen. Mittlerweile werden die Leute immer reicher. Palas Mutter beginnt zu arbeiten. Pala findet es komisch, dass alle bei Zittos Geschäften Arbeit finden. Schließlich schenkt Zitto allen Papperla-Papageien. Papageien, die, wenn man sie mit Plapperperlen füttert, die Nachrichten, Witze, Gerüchte erzählen. Pala hält das Geplapper nicht lange aus, doch die Erwachsenen hören einander nicht mehr zu, streiten sich nur noch und glauben nur noch, was der Papagei erzählt. Pala erschlägt ihren Papagei und bemerkt, dass es sich um eine Maschine handelt. Im Streit erfährt sie, dass ihre Eltern gar nicht ihre richtigen Eltern sind.
Nun will Pala erst recht zu Zittos Schloss kommen. Mit Giuseppe, Nonno Gaspares Sohn, findet sie einen Geheimweg. Im Schlosspark ist es sehr kompliziert, denn wieder ist der Weg nicht einfach nur ein Weg. Das Schloss scheint in unerreichbare Ferne zu rücken. Doch Pala ist eine Wortschöpferin und in Zittos Reich kann sie alles, was es noch nicht gibt erschaffen, in dem sie es sich vorstellt und laut sagt. Zum Beispiel Antilowen (eine Mischung als Antilope und Löwe). Sie freundet sich mit einem Wortklauber namens Tozzo an. Wortklauber sind die Viecher, die den Leuten die Worte aussaugen. Allerdings tun sie dass nicht freiwillig, sie werden von Zitto gezwungen.
Mit Tozzos Hilfe kommen sie immer näher zum Schloss. Pala verliert die anderen und geht den letzten Weg alleine.
In Zittos Schloss wird sie nicht sofort getötet, denn Zitto lässt sie Prüfungen bestehen und plaudert mit ihr. Er sagt ihr, sie sei seine Urenkelin, auch die Enkelin von Nonno Gaspare und sperrt sie ein. Er erklärt ihr die zusammenhängenden Sonette. Und Pala weiß plötzlich, dass das Meistersonett den Leuten die Worte wieder zurückbringen wird. Tozzo bringt das Meistersonett zu Nonno Gaspare, der seine Stimme wiederfindet und allen das Gedicht vorträgt. Das Schloss beginnt zu brennen und Pala entkommt nur knapp.
Am Schluss lernt Pala ihren leiblichen Vater kennen Primo, den älteren Sohn von Gaspare Oratore. Sie lebt weiterhin bei ihrer Familie und wird Parola genannt. Also ist Giuseppe Oratore ihr Onkel. Das Schloss wird wieder aufgebaut und ein Museum sowie eine Bildungs- und Forschungsstätte, die sich der Sprachpflege widmet. Ehrenpräsident wird Gaspare Oratore, später übernimmt die sprachgewaltige Parola Oratore das Amt, die mit ihrem Kinderfreund Pasquale verlobt ist.
Jedes Kapitel beginnt mit einem Sonett. Auf dieses Gedicht wird dann immer wieder eingegangen, trotzdem habe ich sie meist überlesen. Sie sind für die Handlung auch nicht wichtig.
Zuerst kommt die Handlung so gar nicht in Fahrt. Die Sprache ist ziemlich aufbauschend, im Grunde passiert immer etwas, aber doch sehr wenig. Die einzelnen Ideen sind großartig. Sehr beängstigend, dass da genau das beschrieben wird, was eigentlich hier in der Welt gerade passiert: Menschen setzen sich vor eine Maschine, anstatt miteinander zu reden. Gerade in einer Stadt wie Silencia hätte man nicht gedacht dass die Sprache so schnell als seltsam empfunden wird und die Massenbefriedigung kampflos angenommen wird.
Gegen Ende wird die Geschichte sehr spannend, das Ende ist großteils vorhersehbar, das stört aber nicht.
Der Autor Ralf Isau (geb. 1956) schrieb auch die „Neschan“-Triologie, die „Der Kreis der Dämmerung“-Serie und „Der Silberne Sinn“.