Schon einmal eine enge Straße mit vielen Kurven bergauf gefahren? Angeblich machen das manche Leute freiwillig, die nennen das dann Motorradtour und es macht ihnen Spaß. Mein Vater macht das auch jede Woche, allerdings nicht zum Spaß, sondern zum Geld verdienen. Und natürlich nicht mit dem Motorrad, sondern mit dem Auto. Schließlich muss er ziemlich viele Zeitungen in die abgelegensten Orte unseres Landes transportieren – unter der Woche macht das die Post, am Samstag macht das er. Es ist ein netter Job, man ist viel an der frischen Luft, da man dauernd aussteigen muss und lernt das Land kennen, denn schließlich wäre es zu viel verlangt, neben dem Haus Nummer 34 eine ähnliche Nummer zu vergeben …
Und jetzt kommen wir zum Projekt.
Ich bin seit rund drei Jahren nicht mehr mit dem Auto gefahren. Warum auch, ich wohne in Graz. Wer mit dem Auto fährt, braucht geschätzte eineinhalb Mal länger als mit dem Bus, ist also ein umweltzerstörender Trottel. Das Problem ist nur, dass wir, seit ich Auto fahren gelernt habe, natürlich ganz andere Autos in unsere Familie aufgenommen haben (die alten sind auseinandergefallen, durchgerostet oder nach Ungarn verschleppt worden). Und wenn ich, so wie jetzt, im Sommer bei meinen Eltern bin, kann es passieren, dass ich manchmal einkaufen fahren muss (ja, das muss man bei uns mit dem Auto machen). Das wäre ja auch nicht schlimm. Aber als ich das erste Mal, als ich in unserem neuen Auto die Kurve nach Poggersdorf hinaufgefahren, eine kleine Panikattacke hatte und seitdem nicht mehr ins Auto gestiegen bin, beschloss ich, das Autofahren einfach bleiben zu lassen. Es war einfach nicht notwendig. (Wer braucht schon Klopapier, wenn es noch Taschentücher gibt?)
Aber ich hasse FEIG SEIN. Ich bin es, aber ich mag es nicht. Also verordnete ich mir den Crashkurs. Ich dachte, es hilft bestimmt. (Und es hat auch geholfen.)
Die Idee war Folgende: Mein Vater fährt jeden Samstag die Zeitungsrunde für die Post. Dabei kommt er zu so lustigen Orten wie Berg, Sand, Lind, Saager, Kohldorf, Linsendorf, Zapfendorf, Froschendorf, Obermieger und -könnt ihr es erraten?- Untermieger, Dullach und -genau- Dullach II und so weiter. Auch Wölfnitz gibt es, aber nicht der Teil, der zu Klagenfurt gehört – nein, es gibt in Kärtnen noch ein Wölfnitz! Auch Pörtschach gibt es doppelt, aber ohne See.
Wenn ihr dieses Gebiet in Google Maps per Satellit begutachtet, sehr ihr die meisten Straßen, auf denen er unterwegs ist gar nicht ^^, weil sie so klein sind und nur Schotterstraßen, unter dem Wald versteckt usw. auf Google Maps sieht man auch nichts von den Bergen, die man da hinauf- und logischerweise auch wieder hinunterfahren muss. Es gibt kilometerlange Hofzufahrten, die man rückwärts wieder hinunterfahren muss, weil es oben keine Möglichkeit gibt zu wenden (Natürlich könnte man 1000x revancieren, aber mein Vater doch nicht). Netter Dialog:
Ich: Ja, aber wie soll i hintrisch obefohrn, wenn i den Weg ned sig?!
Papa: Jo, siehst ja eh de Böschung. Wennst im Grünen bist, bist z´weit.
Dann natürlich noch die engen Kurven, die man mit dem ersten Gang nehmen muss; die Autos, die einem entgegenkommen, kommentiert mein Vater so: „Der weicht in Wald aus, du weichst ned aus, sonst lieg ma da unten. Boah, da gehts obe!“
Von der Bundesstraße muss man zwischen zwei Maisfeldern auf einen Schotterweg abbiegen – und dann natürlich auch wieder hinaus. Kommt links ein Auto? – Keine Ahnung, nur Mais. Kommt rechts ein Auto? – Keine Ahnung, nur Mais. *einen Zentimeter vor* Wuuuusch! Ein Auto von links! Es ist Samstag – Gott sei Dank, da fahren nicht ganz so viele Autos wie sonst.
Alles in allem hundertundzehn Kilometer in dreieinhalb Stunden. Und ich schwitze, als hätte es im Auto vierzig Grad, dabei war das ein Wochenende, an dem es nur geregnet hat. Im Winter mach ich das nicht. Vergesst es. Aber muss ich ja auch gar nicht. Ich kann ja jetzt Autofahren.
Zum Abschluss noch ein nettes – wenn auch übertriebenes – Bild von einer kurvigen Straße:
