ÖDÖN VON HORVÁTH
Ödön von Horváth gilt als Erneuerer des Volksstückes. Er schrieb mit 13 Jahren seinen ersten deutschen Satz, warnte schon früh vor Faschismus, lebte lange im Exil und wurde dann einfach so von einem Baum erschlagen.
LEBEN
Er wurde als Edmund Josef von Horváth am 9.Dezember 1901 in Fiume (heute Rijeka) geboren. Sein Vater war Diplomat und seine Mutter entstammte einer ungarisch-deutsch Militärarztfamilie. Die Familie zog häufig um, nach Belgrad, Budapest. Als dann die Eltern nach München umzogen, blieb Ödön zuerst in Budapest, um das Internat abzuschließen. 1913 zog er zu seinen Eltern und lernte die deutsche Sprache. Die Familie ging von Bratislava nach Budapest und als die Eltern wieder nach München ziehen, landete Ödön von Horváth bei einem Onkel in Wien. Er machte die Matura und besuchte die Universität München. Politisch engagierte er sich für keine Partei, auch wenn die Linken ihm sympathischer waren. Er war-nte in seinen Stücken vor dem Faschismus. Ödön von Horváth trat aus der katholischen Kirche aus. Als 1933 die SA die Villa seiner Eltern durchsuchte, verließ er Deutschland und lebte dann in Wien und Henndorf bei Salzburg.
Nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland reiste Horváth durch mehrere Städte, am 1. Juni 1938 traf er sich mit Robert Siodmak, einem Regisseur, der „Jugend ohne Gott“ verfilmen wollte. Am selben Abend wurde Ödön von Horváth während eines Gewitters von einem herabfallenden Ast erschlagen.
AUSZEICHNUNGEN
1931 Kleist-Preis, gemeinsam mit Erik Reger
WERKE
1920 begann Horváth zu schreiben. Er widmete sich immer intensiver der Schriftstellerei, allerdings vernichtet er viele Texte aus dieser Zeit. In Sladek, der schwarze Reichswehrmann (1929) warnt Horváth vor dem Faschismus und seinen Folgen. 1931 erhielt er den Kleist-Preis, im selben Jahr wurde sein erfolgreichstes Stück „Geschichten aus dem Wiener Wald“ aufgeführt. Nach der Machtergreifung Hitlers wurden Horváths Stücke in Deutschland nicht mehr aufgeführt, also verschlechterte sich auch die finanzielle Situation. Doch 1937 erschien „Jugend ohne Gott“ in Amsterdam, der Roman wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Nach etwa einem Jahr kommt das Buch auf die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“, und im gesamten Reichsgebiet eingezogen.
Erst in den 60er Jahren wurden seine Werke wieder beliebt. Bis heute ist er der „Klassiker der Moderne“.
THEATERSTÜCKE
• Italienische Nacht, 1931
• Geschichten aus dem Wiener Wald, 1931
• Glaube Liebe Hoffnung, 1932
• Kasimir und Karoline,1932
• Don Juan kommt aus dem Krieg, 1936
ROMANE
• Sechsunddreißig Stunden, 1929
• Der ewige Spießer, 1930
• Jugend ohne Gott
• Ein Kind unserer Zeit
JUGEND OHNE GOTT
Der Lehrer korrigiert Aufsätze und will eine sinnlose Aussage über Schwarze wegstreichen. Als er zu dem Schüler, N, sagt, dass „doch auch Neger Menschen sind“, macht er sich in der Klasse Feinde. Auch der Vater des N kommt in die Sprechstunde und der Lehrer muss sich vor dem Direktor rechtfertigen. Am Abend geht der Lehrer in eine Bar und trifft dort einen ehemaligen Kollegen, der Julius Caesar genannt wird. Dieser meint, dass Zeitalter der Fische habe begonnen, und dass jetzt die Seele des Menschen unbeweglich wird wie das Antlitz eines Fisches. Bei der Beerdigung eines Schülers bemerkt der Lehrer, dass er von T, einem weiteren Schüler angestarrt wird, und das gefühllose Gesicht erinnert wieder an die Fische. Nach Ostern muss der Lehrer mit seiner Klasse ins Zeltlager, damit die Kinder die vormilitärische Ausbildung erhalten. Der Lehrer macht die Entdeckung, dass der Schüler Z einen Brief von einer fremden Person bekommen hat. Als alle das Lager verlassen, liest der Lehrer heimlich das Tagebuch des Z. Dazu muss er das Kästchen aufbrechen, indem der Z es versteckt. In dem Tagebuch berichtet Z von seinem Treffen mit Eva, einem Mädchen, das in einer Höhle in den Bergen wohnt und in die er sich verliebt hat. Z schreibt, dass jeder, der das Tagebuch liest, sterben wird. Später kommt es zu einer Schlägerei zwischen Z und N, natürlich glaubt Z, dass N sein Tagebuch gelesen hat. Der T, der Fisch, blickt den Lehrer an, dass dieser glaubt, der T könne wissen, dass der Lehrer selbst das Tagebuch gelesen hat. In der Nacht beobachtet der Lehrer ein Treffen zwischen Z und Eva. Am nächsten Tag will der Lehrer dem Z gestehen, dass er es war, der das Tagebuch gelesen hat, doch der N hat dem Z schon gestanden. Der Lehrer klärt den Irrtum nicht auf. Der N ist verschwunden, alle denken, er hat sich verirrt, doch dann wird seine Leiche gefunden. Er ist mit einem Stein erschlagen worden. Der Z gesteht den Mord. Während dem Prozess gesteht der Lehrer, dass er es war, der das Kästchen aufgebrochen hatte. Eva sagt, dass sie N mit einem Stein verfolgt hat, aber ein anderer Junge den N erschlagen habe. Man glaubt ihr nicht, aber der Lehrer denkt sofort, dass es der T war. Eva wird wegen Mordes angeklagt, und Z freigelassen. Der B besucht den Lehrer zu Hause und erzählt, dass der T der Mörder sein müsse. B und sein Klub wollen den T ganz genau beobachten und Bericht erstatten. Da der Lehrer das Gymnasium nicht mehr betreten darf, bietet ihm der Pfarrer eine Stelle in Afrika an. Der Pfarrer rät dem Lehrer auch, der Mutter des T alles zu erzählen. Doch die reiche Frau empfängt den Lehrer nicht. Julius Caesar will dem T eine Falle stellen, doch „ der Fisch beißt nicht an“. Mitten in der Nacht will die Polizei den Lehrer mitnehmen. Der T hat sich erhängt. Auf einem Zettel, den die Mutter findet, steht, dass der Lehrer ihn in den Tod getrieben habe, und dass der T Selbstmord begangen hat, weil der Lehrer weiß, dass er den N getötet hat. Der Lehrer packt am Ende seine Sachen und fährt nach Afrika.
EIN KIND UNSERER ZEIT
Der Ich-Erzähler ist hier ein Soldat. Er ist arbeitslos, zieht wegen Streit mit dem Vater aus und muss auf der Straße betteln. Sein Hass auf das gemütliche Leben der anderen steigt und er denkt immer mehr wie die Nationalsozialisten: Der einzelne Mensch taugt nichts, nur das Volk als Ganzes zähle. Er verherrlicht den Krieg, denn der Krieg gibt ihm Hoffnung. Er will zum Militär, denn in der Uniform würde ihn stark machen und durch die Truppe wäre er nicht mehr allein. Er wird rekrutiert, sein Traum erfüllt sich anscheinend. Ob seine Taten richtig sind, will er nicht wissen, er will nicht nachdenken. Eines Tages sieht er eine Frau am Jahrmarkt und verliebt sich in sie. Er hat keine Gelegenheit, sie kennenzulernen, denn er muss bei einem blitzartigen Überfall auf ein Land kämpfen. Sein Hauptmann hat den Krieg satt und läuft im Kampf in den Tod. Der Soldat will ihn retten, wird am Arm verletzt und lan-det im Lazarett, wo er anfängt, nachzudenken. Wehrdienstunfähig kommt er wieder zu sei-nem Vater. Er findet heraus, dass die Frau vom Jahrmarkt inzwischen im Gefängnis sitzt. In der Verzweiflung hat sie ihr Kind abgetrieben, denn die Jahrmarktfirma duldet kein schwan-geres Personal. Als der Soldat davon erfährt, hasst er all das Gerede über den Führer und das Volk. Voller Hass ermordet er den Buchhalter der Jahrmarktfirma. Er wandert später in der Nacht umher und sieht die Unsinnigkeit des Krieges und der Gedanken ein. Er setzt sich auf eine Bank und erfriert.